Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch.
Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das alte ist vergangen, siehe Neues ist geworden. (2. Korinther 5,7)
„Jubilate“ heißt der heutige Sonntag, d.h. jubelt. „Jauchzt alle Lande“, so beginnt der Psalm 66. Bei Sonnenschein draußen, wo alles grünt und blüht in üppiger Fülle, da mag man einstimmen in das Jubeln. Die ganze Schöpfung scheint voller Lebensfreude. Doch wir hören auch ihr Ächzen. Uns selbst ist manchmal alles andere als zum Jubeln zu Mute. Ist nicht das durcheinander geraten, was ursprünglich weise geordnet war? Heute kommt die Weisheit selbst zu Wort (Sprüche 8, 22-36):
Die Weisheit spricht: Der HERR hat mich schon gehabt im Anfang seiner Wege, ehe er etwas schuf, von Anbeginn her. Ich bin eingesetzt von Ewigkeit her, im Anfang, ehe die Erde war. Als die Tiefe noch nicht war, ward ich geboren, als die Quellen noch nicht waren, die von Wasser fließen. Ehe denn die Berge eingesenkt waren, vor den Hügeln ward ich geboren, als er die Erde noch nicht gemacht hatte noch die Fluren darauf noch die Schollen des Erdbodens. Als er die Himmel bereitete, war ich da, als er den Kreis zog über der Tiefe, als er die Wolken droben mächtig machte, als er stark machte die Quellen der Tiefe, als er dem Meer seine Grenze setzte und den Wassern, dass sie nicht überschreiten seinen Befehl; als er die Grundfesten der Erde legte, da war ich beständig bei ihm; ich war seine Lust täglich und spielte vor ihm allezeit; ich spielte auf seinem Erdkreis und hatte meine Lust an den Menschenkindern. So hört nun auf mich, meine Söhne! Wohl denen, die meine Wege einhalten! Hört die Zucht und werdet weise und schlagt sie nicht in den Wind! Wohl dem Menschen, der mir gehorcht, dass er wache an meiner Tür täglich, dass er hüte die Pfosten meiner Tore! Wer mich findet, der findet das Leben und erlangt Wohlgefallen vom HERRN. Wer aber mich verfehlt, zerstört sein Leben; alle, die mich hassen, lieben den Tod.
Gott war nicht einsam und allein, als er die Welt geschaffen hat. Auf der ersten Seite der Bibel ist von Gottes Geist die Rede, der anfangs über allem schwebte, eine Lebenskraft, wie ein Hauch, der alles beseelte. Bei Johannes ist es Christus, das göttliche Wort der Logos, der vor aller Zeit mit dabei war. Und hier nun ist eine Frau an Gottes Seite, Frau Weisheit. Es ist faszinierend, was sie zu erzählen hat. Wir werden hineingenommen in das Formen und Gestalten. Vor unserem Auge sprudeln Quellen, und Meerestiefen tun sich auf. Berge und Täler entstehen. Der Himmel wird aufgespannt und Wolken ziehen hinweg. Alles begrenzt sich gegenseitig. Hohes und Tiefs, Land und Meer. Und an seinem Ufer spazieren alsbald Menschen. Alles ist weise geordnet. Aber nicht abgezirkelt und streng, wie von einem Architekten, der als Bauleiter das Geschehen sorgfältig überwacht, sondern spielerisch und kreativ. Wie ein Kind tollt die Weisheit umher voller Lust und Laune. Das Ganze scheint richtig Spaß zu machen. Gott ist kein alter Griesgram, der das nun auch noch zu erledigen hat, sondern hat Freude an seinem Tun. Die Weisheit ist beständig bei ihm. Sie ist seine Lust. Sie ist sein Gegenüber, das er geschaffen hat vor allem anderen. Und sie ist zugleich die spielerische und kreative Seite seiner selbst.
Ein reizvoller Blick auf Gottes Schöpfung ist das. Es ist eine Freude, Gott dabei zuzusehen. Eine Welt entsteht, nicht aus einem schwerfälligen Brüten über Formeln und Gesetzen, sondern mit Leichtigkeit dahingeworfen, eher ein Tanz als eine mühsame Arbeit, voller Lust und Liebe und insofern weise geordnet. Die Weisheit hat ihre Lust an allem, insbesondere an uns Menschenkindern. Mir werden durch diese Worte die Augen geöffnet für die Schönheit und Leichtigkeit, die Gottes Schöpfung ausmacht, aber auch wie verletzlich und verwundbar sie ist. Ein wunderbar farbenfroher Teppich spannt sich da auf. Aber er hat ganz bewusst einen „Webfehler“. In diesen Teppich ist die Freiheit hineingewoben, die Gott seinen Geschöpfen eingeräumt hat. Insofern sind wir Menschen als diejenigen, die diese Freiheit am meisten nutzen, aber auch missbrauchen können, das Problem. Immer dann, wenn wir ohne Weisheit nach eigener Lust und Laune umgestalten und eingreifen, begrenzen und schaffen.
Wir haben in unserer Marienkirche die Weisheit auch immer vor Augen. Sie steht personifiziert – fast lebensgroß aus Holz geschnitzt und etwas erhöht – an der linken Seite des Epitaphs der Familie von Essen vorne im nördlichen Seitenschiff. Anmutig steht sie da, in faltenreichem goldenem Gewand, aber auch sehr selbstbewusst. Eher ernst, versonnen und nicht so kindlich fröhlich. Mit dem rechten Arm stützt sie sich auf ein Buch, das auf einem großen amphorenartigen Gefäß liegt. Um dieses Gefäß windet sich eine Schlange. Sie erinnert an die Versuchung, Gott gleich zu werden. In der Paradieserzählung zischelt sie das Eva zu. Es ist die Versuchung, gegen Gott und seine Schöpfung aufzubegehren und sich nicht an seine Gebote zu halten. Aber die Weisheit beachtet die Schlange nicht. Sie stützt sich auf die Bibel, auf Gottes Wort. So steht sie über 300 Jahren da und mahnt seitdem, selbst weise zu werden, und Gottes Gebote nicht in den Wind zu schlagen.
Die Weisheit wird auch in ihrer Rede zur Mahnerin. Die Leichtigkeit der Erzählung über Gottes Lust am Erschaffen der Welt schlägt um in ernste Worte. Töchter und Söhne sind gleichermaßen angesprochen, die Weisheit zu suchen, sich an sie zu halten. Wer sie findet, hat das Leben. Und wer sie verfehlt, zerstört es. Dieser Zusammenhang ist offenkundig, dass die Folgen des Tuns oftmals fatal sind. Das Leben wird gefährdet, wo wir die Lebensgrundlagen zerstören.
Was ist heute weise? Wir verwenden ja dieses Wort eher selten, erscheint es uns doch manchmal zu hochtrabend oder auch zu altmodisch, so dass wir eher von Verstand und Einsicht sprechen. Aber Weisheit ist mehr als rationales Vorgehen, Klugheit und Intelligenz. Weisheit hat ganz ursprünglich die Verbindung zu Gott. Sie weiß um die Gefährdungen des Lebens und kennt die Grenzen des eigenen Tuns. Sie fragt nicht nur nach dem, was alles möglich ist, sondern auch danach, was gut ist. Sie weiß sich auf Gott ausgerichtet und ihm gegenüber verantwortlich.
Wenn wir uns an einem Frühlingstag an Gottes Schöpfung erfreuen, vielleicht gelingt es uns dann ja, Gott selbst am Werk zu sehen, voller Lust und Liebe für uns und alle seine Geschöpfe. Seine Weisheit gemahnt uns, es ihm gleich zu tun, mit Lust und Liebe für seine Schöpfung und seine Geschöpfe da zu sein. Amen
Lasst uns beten:
Gott, unser Schöpfer und Erhalter, du hast alles weise geordnet, wunderbar sind deine Werke. Wir danken dir, dass du durch Jesus Christus Hoffnung auf Erneuerung geweckt hast. Lass uns Anteil haben, an deiner Weisheit, dass wir das Gute suchen für unsere Welt, deine Schöpfung, den nächsten an unserer Seite.
Wir bitten dich für deine Kirche. Gib ihr festen Halt, dass sie sich an deinem Wort festmacht. Schenke uns Mut und Freude daran, die Früchte unseres Glaubens in die Welt hineinzutragen.
Wir bitten für die Menschen, die in Not sind, von Armut bedroht und Hunger haben nach Brot und Gerechtigkeit. Sei besonders mit denen, die unter Krieg und Gewalt leiden. Bestärke die Mächtigen der Welt, bestärke auch uns auf dem Weg des Friedens und der Versöhnung.
Heute ist unsere Stimme gefragt. Ein neuer Landrat wird gewählt. Lass Menschen verantwortlich mit ihrer Stimme umgehen und stärke den Geist des Gemeinwohls und des demokratischen Miteinanders.
Wir bitten für Menschen, die den Halt verloren haben und Orientierung suchen, dass sie jemanden haben, der ihnen beisteht. Sei mit den Kranken und Einsamen. Tröste die Sterbenden und Trauernden. Lass sie Beistand erfahren und sei ihnen nahe.
Vater unser im Himmel. Geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gibt uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Der Herr segne dich und behüte dich, der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig, der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Amen
Die Glocken unserer Kirche läuten zum Innehalten und zum Gebet: werktags um 8 Uhr, um 12 Uhr und um 18 Uhr.
Die Kirche ist Montag bis Freitag von 10-16 Uhr und am Sonntag nach dem Gottesdienst bis 12 Uhr geöffnet.
Das sind unsere Kontaktdaten:
Marion Steffen im Büro - 03834 2263 Pastor Dr. Bernd Magedanz - 03834 8477052 Pastorin Dr. Ulrike Streckenbach - 03834 886104 Angela Jütte im Treffpunkt Kirche - 03834 883375 Nachbarschaftshilfe - 0162 7687770
Wir grüßen Sie im Namen des Kirchengemeinderates und aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an St. Marien herzlich.
Ihre Pastorin Dr. Ulrike Streckenbach und Ihr Pastor Dr. Magedanz